Informationen zur Methode Emotionelle Erste Hilfe EEH


Was versteht man darunter?

Die Emotionelle Erste Hilfe (EEH) ist ein körperorientiertes Verfahren, das in der Bindungsförderung, der Krisenintervention sowie in der therapeutischen Unterstützung von Eltern, Säuglingen und Kindern eingesetzt wird.

Die EEH geht auf die Pionierarbeiten des Arztes, Psychoanalytikers und Naturforschers Wilhelm Reich (1897–1957) zurück, der bereits in den 1940er-Jahren erste Ideen entwickelte, wie er seine Vegetotherapie (körperorientierte Psychotherapie) genannte Methode in der Arbeit mit hochbelasteten Eltern, Säuglingen und Kleinkindern einsetzen könnte. Er sprach in diesem Zusammenhang erstmals von «Emotional First Aid». Seine Tochter Eva Reich, die als Ärztin und Geburtshelferin in den USA tätig war, entwickelte seine Arbeiten weiter und machte sie zu einem wichtigen Baustein einer vorbeugend eingesetzten Körperpsychotherapie, die sie «Sanfte Bioenergetik» nannte.
In den späten 1980er-Jahren studierte der Psychologe und Körperpsychotherapeut Thomas Harms bei Eva Reich und verknüpfte diese körperpsychotherapeutische Pionierarbeit mit der neuen Säuglings-, Bindungs- und Traumaforschung. Harms entwickelte das Konzept der «Emotionellen Ersten Hilfe» weiter zu einem bindungs- und traumaorientierten Modell der Eltern-Kind-Therapie.
Die heutige EEH verbindet das Wissen der modernen Körperpsychotherapie mit den Erkenntnissen der Neurobiologie, Psychotraumatologie und Bindungsforschung.
Die EEH wird schwerpunktmässig in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich, Italien, Luxemburg, Belgien und in den Niederlanden im Rahmen der ambulanten und klinischen Eltern-Baby-Therapie und der Akutintervention gelehrt und eingesetzt.

Die zentrale Idee der EEH ist es, die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kind zu unterstützen, zu fördern und wenn nötig wieder aufzubauen. Da ein feinfühliger und liebevoller Dialog nur auf Basis eines entspannten Körpers gelingen kann, kommen unterschiedliche körperliche Methoden zum Einsatz wie beispielsweise die Selbstanbindung, um die Kontakt- und Beziehungsfähigkeit der Eltern und Kinder zu verbessern und zu fördern. Die Selbstanbindung beschreibt den Zustand einer stabilen inneren Beziehung zum eigenen Körper und zu den eigenen Empfindungen. Sie ist laut Harms die eigentliche Grundlage für eine intuitive elterliche Kompetenz.
Das bindungsorientierte Konzept der EEH geht davon aus, dass die charakteristischen Schemata des Fühlens, Denkens und Handelns in den Erfahrungen aus der Zeit der Schwangerschaft, Geburt und ersten Lebenszeit verwurzelt sind. Diesen frühen menschlichen Bindungsbeziehungen kommt eine besondere Bedeutung zu. Die EEH gründet auf der Annahme, dass die Erfahrung einer stabilen und sichernden Bindung eine wirksame Aktivierung des Ruhe- oder Erholungsnervs (Parasympathikus) möglich macht. Die Aktivierung des grössten Hirnnervs des Parasympathikus (Nervus vagus) geht im Verständnis der EEH mit dem Gefühl von Sicherheit einher.
Umgekehrt sind Gefühle der Angst und Unsicherheit von Eltern und Kind, erhöhte Körper- und Muskelspannung und eine verstärkte Erregung (Hypererregung) Ausdrucksformen einer Dominanz des Kampf- und Fluchtnervs (Sympathikus). Seine Aktivierung reduziert die Aufnahme- und Bindungsbereitschaft sowie die Feinfühligkeitsfähigkeit der Eltern. Als mögliche Folge entstehen Fehlabstimmungen zwischen Eltern und Kind, die zu psychosomatischen Symptomen beim Kind führen können.
In der EEH werden die Bindungserfahrungen vor, während und nach der Geburt bewusst gemacht und erkundet – dies über verschiedene Formen der Körperarbeit. Über die Wahrnehmung des Körpers kann die Qualität der Beziehungs- und Regulationsfähigkeit des Patienten genauer bestimmt werden. Im therapeutischen Prozess spielen deshalb die achtsame Beobachtung und Auswertung des subjektiven Körpererlebens eine herausragende Rolle.

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